DEUTSCHES STAATSTHEATER TEMESWAR  (DSTT)

IN DEN SCHLAGZEILEN


AUF DIESER SEITE KÖNNEN SIE FOLGENDES, UNGEKÜRZT NACHLESEN:


"Plädoyer für das Deutsche Staatstheater Temeswar" - Veröffentlicht in "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - vom 29.03.2002

 

"Stellungnahme zum - Plädoyer" - Veröffentlicht in "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - vom 09.04.2002

 

"DSTT: Theater im Theater / Intendantin entlässt Dramaturg / Bestattungsinstitut mit Marktforschungskompetenzen" - Veröffentlicht in "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - vom 12.04.2002

 

"Plädoyer" in der Debatte / Hitzige Diskussion um Repertoirepolitik des DSTT - Veröffentlicht in "Banater Zeitung" - vom 17.04.2002

 

Quo vadis Deutsches Staatstheater - Veröffentlicht in  "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - online vom 09.05.2002

 

Am DSTT sollten vielleicht mehr Stücke deutscher Autoren gespielt werden / Ein Interview mit dem Sprecherzieher Simon Schlingplässer - Veröffentlicht in  "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - online vom 23.05.2002

 

 

 


Plädoyer

für das Deutsche Staatstheater Temeswar

(Veröffentlicht in "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - Freitag, 29. März 2002 )

Mit äußerster Besorgnis verfolgen wir die neuesten Entwicklungen am Deutschen Staatstheater Temeswar (DSTT), dieser traditionsreichen Kultureinrichtung Rumäniens. Seit September 2001 war das DSTT personalpolitischen Maßnahmen ausgesetzt, die wir gerade in einem Land mit einer nun anerkannt oft minderheitenfreundlichen Kulturpolitik als bedauerlich betrachten: Nach dem kurzfristigen Intendanzwechsel im Oktober 2001 wurde in die Leitungsstrukturen des DSTT keine einzige Person eingesetzt, die auch nur den geringsten Bezug zur deutschen Minderheit, zu deren Sprache und Kultur, aufweist. Es liegt somit auf der Hand, dass für die jetzt Zuständigen, die das Schicksal des DSTT bestimmen, selbst für die neue Intendantin, Frau Alexandra Gandi, die Minderheitenproblematik und vor allem die besondere Lage der deutschen Gemeinschaft, der deutschsprachigen Zielgruppen im Allgemeinen, leider überhaupt nicht nachvollziehbar sind.

Befremdend wirkte nach dem Intendanzwechsel vor allem die Aufnahme rumänischsprachiger Vorstellungen in den Spielplan des DSTT: Schon im Dezember 2001 wurden mehr als die Hälfte aller am DSTT gebotenen Vorstellungen in rumänischer Sprache gespielt. Selbst in den Unterhaltungsprogrammen zum Jahresende hat die rumänische Sprache das Deutsche mehr und mehr verdrängt.

Sonstige öffentliche Veranstaltungen des Hauses – wie z.B. die Halloween-Party 2001 – fanden fast ausschließlich in rumänischer Sprache statt. Dass diese Entwicklungen weder Ausnahmen noch konjunkturell bedingte Zufälle waren, beweist selbst das erste ausschließlich unter der neuen Intendanz durchgeführte Projekt: Reigen, von Schnitzler – in der Darstellung der Temeswarer Schauspielstudenten. Auch dieses Stück wurde nur in rumänischer Sprache gespielt! Das anschließende rumänischsprachige Reigen-Gastspiel in Wien, im Januar 2002, unter dem Logo des DSTT, das zu heftigen Reaktionen führte, betrachten wir als einen gravierenden kulturpolitischen Fehler der neuen Theaterleitung und als einen schlichten Missbrauch des öffentlichen Erscheinungsbildes einer traditionsreichen rumäniendeutschen Kultureinrichtung im Ausland. Die anschließende öffentliche Versicherung der neuen Intendantin, das Theater werde nicht rumänisiert, sehen wir so nicht bestätigt, denn gerade am Tag der Veröffentlichung ihrer Stellungnahme in der rumäniendeutschen Presse war am Theater eine weitere fast ausschließlich rumänischsprachige Veranstaltung angesetzt: das Fest zum Valentinstag.

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass wir den Sinn und Zweck des DSTT nach wie vor darin sehen, professionelle Theateraufführungen in deutscher Sprache zu bieten. Nicht des Deutschen Kundige werden weiterhin vom Angebot des Hauses nicht ausgeschlossen, können sie doch die Aufführungen mit rumänischer Simultanübersetzung verfolgen.

Im gleichen Zusammenhang sehen wir mit großem Bedauern, dass selbst in den deutschsprachigen Inszenierungen, die seit dem Intendanzwechsel entstanden sind, die Qualität der deutschen Bühnensprache zunehmend schlechter wird, was sich größtenteils dadurch erklären lässt, dass die neue Leitung Schauspieler oder Schauspielstudenten verpflichtete, die bis zu ihrem Debüt auf dieser Bühne überhaupt keinen Kontakt zum Deutschen gehabt hatten. Gravierende Fehler im Gebrauch der deutschen Sprache sind leider auf der DSTT-Bühne oder gar in den Publikationen des Theaters keine Ausnahmen mehr.

Gleichzeitig hat die neue Theaterleitung niveauvolle und allgemein anerkannte Inszenierungen der letzten Spielzeit – wie jene von Brechts "Mutter Courage" – nach wenigen Vorstellungen zurückgedrängt oder gar endgültig abgesetzt. Die Herbsttournee nach Siebenbürgen und Bukarest mit dem Stück "Sibirien", von Felix Mitterer, die bereits öffentlich angekündigt worden war und für die auch die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung standen, wurde von der neuen Intendantin ohne jegliche Erklärung kurzfristig abgesagt.

Überhaupt ist die kulturpolitische Orientierungslosigkeit, die das DSTT z.Z. kennzeichnet, Besorgnis erregend: Binnen eines halben Jahres seit ihrem Amtsantritt ist die neue Intendantin in keiner Weise mit einem kulturpolitischen Konzept oder Spielplanentwurf an die Öffentlichkeit getreten. Dass die repertoirepolitische Entwicklung des DSTT in den letzten Monaten viel mehr dem Zufall überlassen wurde, beweisen auch die großen organisatorischen Missstände, denen selbst die Zuschauer ausgesetzt wurden: Der wiederholte Ausfall oder die Verschiebung von Vorstellungen, die häufigen und nirgendwo angekündigten Spielplanänderungen. Es ist offensichtlich, dass die jetzige Leitung des DSTT – wohl nicht aus schlechtem Willen, sondern aus ihrem defizitären Erfahrungshintergrund heraus – nicht in der Lage ist, die komplexen Fragen, die mit der Weiterentwicklung eines rumäniendeutschen Berufsensembles zusammenhängen, nachzuvollziehen und zu bewältigen.

Wir ersuchen hiermit das Kulturministerium, den Temescher Kreisrat und das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien, sowie dessen Parlaments- und Regierungsvertreter, dessen Lokal- und Regionalverbände, sich dringlichst für die umgehende Klärung der Zustände am DSTT zu engagieren. Überhaupt betrachten wir es als mindestens problematisch, im Falle einer Kulturinstitution einer nationalen Minderheit die in letzter Zeit immer öfter gestellte Frage nach der finanziellen Effektivität und der damit verbundenen Mittelkürzungen mit der gleichen Stärke in den Vordergrund zu bringen, wie bei Einrichtungen der Mehrheitsbevölkerung, die verständlicherweise einen breiteren Wirkungskreis haben.

Das Deutsche Staatstheater Temeswar verfügt selbst heute über ein beachtliches künstlerisches Potential, das gerade in Zeiten, in welchen Menschen verschiedener Sprachen und Kulturen zusammenfinden, aber auch als Brücke zwischen Kulturen, in besonderem Maße gefördert gehört, zumal vor allem in den letzten Jahren auch Andersnationale, des Deutschen mächtig und an der deutschen Kultur interessiert, erfreulicherweise zu den Zuschauern des Theaters zählten. Somit besitzt das DSTT als Berufsensemble deutscher Sprache Rumäniens eine besondere, auch im Ausland weitgehend anerkannte Repräsentativfunktion.

In diesem Sinne hoffen wir auf eine baldige kulturpolitisch wie langfristig wirksame Lösung, die dem DSTT – nun gerade vor seinem 50. Jahrestag und 250 Jahre nach der ersten dokumentierten deutschen Theateraufführung in Temeswar – zu seinem verdienten Ansehen zurückzuverhelfen vermag

Dem Plädoyer schließen sich an:

Balázs Attila – Schauspieler / Temeswar

Magdalena Balogh – Lehrerin, Stellv. Direktorin des Nikolaus-Lenau-Lyzeums / Temeswar

Martin Baucks – Regisseur, Dramatiker / Berlin (BRD)

Martin Bottesch – Lehrer, Leiter des Lehrerfortbildungszentrums in deutscher Sprache Mediasch

Ruxandra Buglea – Germanistin / Temeswar

Monika Cosma – Germanistin, Heidelberg / Bukarest

Mag. Dr. Johann Dama – Romanist, Universität Wien (Österreich)

Alida Fabini – Dipl.-Philologin / Hermannstadt

Dr. Hermann Fabini, MP – Architekt, Senator im Rumänischen Parlament (Hermannstadt)

Michael Fernbach – Journalist / Temeswar

Hans Frank – Journalist, Direktor des ADZ-Verlages, stellv. Chefredakteur der Allgemeinen Deutschen Zeitung für Rumänien / Bukarest

Victor Ioan Frunza – Spielleiter, Temeswar

Wolfgang Fuchs –Journalist / Hermannstadt

Adriana Grand – Bühnen- und Kostümbildnerin, Temeswar

Dana Grosseck – Germanistin / Temeswar

Reinhold Gutt – Journalist / Hermannstadt

Univ.-Prof. Dr. George Gutu – Germanist, Vorsitzender der Gesellschaft der Germanisten Rumäniens, Leiter des Germanistiklehrstuhls der Universität Bukarest

Michaela Halitchi – Lehrerin / Temeswar

Dr. Martin Heinz – Germanist, österr. Universitätslektor an der Al.-I.-Cuza-Universität Jassy

Univ.-Doz. Dr. Angelika Ionas – Germanistin / Temeswar

Benjamin Józsa – Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendorganisationen / Hermannstadt

Kurt Klemens – Dipl.-Biologe / Hermannstadt

Helen Alba-Kling – Journalistin / Temeswar

Prof. Berthold Köber – Theologe / Hermannstadt

Univ.-Lekt. Peter Kottler – Germanist / Temeswar

Werner Kremm – Journalist, Verantwortlicher Redakteur der Banater Zeitung / Temeswar

Rolf Landen – Puppenspieler, Lehrer / Hermannstadt

Walter Lingner – Dipl.-Ingenieur, Düsseldorf (BRD)

Univ.-Prof. Dr. Yvonne Lucuta – Germanistin, Leiterin des Lehrstuhls für Kommunikation und PR an der Tibiscus-Universität Temeswar

Univ.-Lekt. Eva-Marianne Marki – Germanistin / Temeswar

Éva Mayer – Journalistin / Budapest (Ungarn)

Gabriela Morariu – Germanistin / Temeswar

Ana Neamtiu – Referentin, Internationales Jugendbegegnugszentrum Schässburg

Benjamin Neurohr – Leiter des Gesprächskreises Politik im Rahmen des Demokratischen Forums der Deutschen in Temeswar

Hannelore Neurohr – Journalistin / Deutsche Redaktion des Temeswarer Rundfunks

Univ.-Prof. Dr. Roxana Nubert – Germanistin, Leiterin des Germanistiklehrstuhls der West-Universität Temeswar

Univ.-Doz. Dr. Eleonora Pascu – Germanistin / Temeswar

Univ.-Lekt. Carmen Elisabeth Puchianu – Germanistin, Schriftstellerin, Leiterin des Fremdsprachenlehrstuhls an der Transilvania-Universität Kronstadt

Christa Richter – Journalistin / Bukarest

Wolfgang Schaller M.A. – Germanist / München (Deutschland)

Ingrid Schiffer – Journalistin / Deutsche Redaktion des Temeswarer Rundfunks

Dieter Schlesak – Schriftsteller und Publizist / Camaiore, Italien

Univ.-Prof. Dr. Horst Schuller – Leiter des Germanistiklehrstuhls der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt

Johann Schuth – Chefredakteur der Neuen Zeitung Budapest, Vorsitzender des Verbandes der Ungarndeutschen Autoren und Künstler / Budapest (Ungarn)

Univ.-Lekt. Martin Schwägerl – DAAD-Lektor an der Technischen Universität Temeswar

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Anton Schwob – Germanist / Graz (Österreich)

Cristian Sencovici – Referent, Friedrich-Schiller-Kulturhaus Bukarest

Siegfried Thiel – Journalist, Temeswar

Hilde Thierjung – Lehrerin, Temeswar

Univ.-Prof. Dr. Harald Thun – Professor am Romanistikseminar der Universität Kiel (BRD)

Alina Toma – Germanistin / Temeswar

Beatrice Ungar – Journalistin / Hermannstadt

Raimar Wagner – Journalist / Hermannstadt

Richard Wagner – Schriftsteller / Berlin (BRD)

Horst Weber – Journalist, Chefredakteur der Hermannstädter Zeitung

Rainer Wilhelm – Journalist, Leiter der Deutschen Inlandsredaktion des Bukarester Hörfunks

Winfried Ziegler – Historiker, Hermannstadt

 


Stellungnahme zum Plädoyer

(Veröffentlicht in "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - 09. April 2002 )

 

Das Deutsche Staatstheater Temeswar verfolgt mit grossem Bedauern die jüngsten Äusserungen verletzten Hochmuts von Personen, die sich nicht mehr in vorderster Reihe fühlen. Natürlich bringt jede Änderung in der Leitung einer Institution Umstrukturierungen mit sich. Der klägliche Versuch, diese durch eine Unterschriftensammlung ungeschehen zu machen, kann nur scheitern. Wie schade, dass hierbei Einzelschicksale mit der Bestimmung einer öffentlichen Institution gleichgesetzt werden; es bleibt wohl schwer zu akzeptieren, dass letztlich jeder ersetzbar ist. Davon abgesehen sollte das Ansehen des Theaters davor bewahrt werden, aufgrund  persönlicher Rivalitäten und Frustrationen in den Schmutz gezogen zu werden!  Die neue Direktorin hat ihren Posten mittels Ausschreibung beim Temescher Kreisrat am 26.09.2001 erworben. An besagter Stelle hat sie selbstverständlich ein umfassendes Führungskonzept vorgelegt. Ihr Gatte ist gebürtiger Deutscher (d.i. in Friedberg/ Hessen). Auch ihr Sohn ist deutscher Staatsbürger. Die "Person, die keinerlei Verbindung zu deutscher Kultur und Sprache hat", lebte von 1992-2000 in Deutschland; sie arbeitete als Theaterregisseurin u.a. in Freiburg/ Br. Und absolvierte Studien beim dortigen Goethe-Institut. Sollten das nur Zufälle sein, welche belegen, dass die neue Intendantin keinen Bezug zur deutschen Minderheit hat?

Eine Frage sei erlaubt: Inwieweit kann man behaupten, dass die ehemalige Direktion des DSTT der deutschen Minderheit angehörig war. Die Frage sollte wohl eine rein rhetorische bleiben ... Soweit es die Probleme der deutschen Minderheit betrifft, konnte ich mich in einigen Diskussionen mit verschiedenen Persönlichkeiten aus den Reihen der Führung des Deutschen Forums davon überzeugen, daß sich die Spielplangestaltung längst und bei weitern nicht mehr an den Bedürfnissen und Wünschen des einheimischen Publikums orientiert hatte.

Zu den einzelnen Behauptungen:

1. Die Theatergruppe "Puck" unter Leitung von Frau Eva M. Labadi  war dem DSTT eine Gegenleistung schuldig geblieben. Man hatte im Juni 2001 den theatereigenen Kleinbus für eine Gastspielreise nach Prag genutzt. Da "Puck'.' keine andere Möglichkeit hatte für diese Dienstleistung aufzukommen, bot man an, die Vorstellungen "Matilda", "Sarbatoarea Clovnilor" sowie "Mariora si Vasilache“ im DSTT zu spielen, dem die Einnahmen zu Gute kommen sollen.

2. Gemäß dem Abkommen zur beidseitigen Zusammenarbeit zwischen der West-Universität-Temeswar und dem DSTT, Art.1, erklärt sich das DSTT bereit, die Vorstellungen des IV. Schauspieljahrgangs der deutschen und der rumänischen Sektion in den Spielplan zu übernehmen. Dies geschieht zur Förderung der jungen Schauspieler. Wir stellen fest, dass aufgrund eines gleichartigen Abkommens das Ungarische Theater Temeswar in der Saison 2000/2001 die Vorstellung "Gaitele" übernommen hatte. Man spielte also auch dort in rumänischer Sprache.

3. Das Halloween-Programm fand nicht im Saal, sondern im Foyer des Theaters statt. Es war eine klar definierte Jugendveranstaltung; die Songs wurden in Deutsch und Englisch vorgetragen. Zudem haben Mitglieder der NIL-Gruppe des Lenau Lyzeums, sowie Schauspielstudenten der deutschen wie auch der rumänischen Abteilung Kurzaufführungen geboten. Das Publikum dieser Veranstaltung war zweisprachig (deutsch und rumänisch).

4. Die Ausfahrt nach Wien (Aufführung der Schauspielstudenten mit Schnitzlers "REIGEN", im Januar 2002), wurde dank guter persönlicher Beziehungen ermöglicht und hat weder finanziell noch moralisch die deutsche Gemeinschaft oder eine andere Institution beeinträchtigt; die Beteiligung des DSTT bestand in der Bereitstellung einer Transportmöglichkeit.

5. Ein Direktionswechsel zieht wohl kaum nach sich das die Schauspieler ein, besseres oder schlechteres Bühnendeutsch sprechen. Die Sprecherziehung der Studenten der deutschen Schauspielsektion obliegt Frau Ildiko Jarcsek ­Zamfirescu.

6. Jeder Regisseur kann seine Besetzung nach Vorsprechen und gemäß eigenem Konzept wählen. Das DSTT verfügt über ein vergleichsweise kleines Ensemble, da­her wurde auch in der Vergangenheit immer wieder Studenten und auch Amateure besetzt.

7. Die Vorstellung "Mutter Courage" in Regie von V.I. Frunza wurde in der vergangenen Spielzeit 2000-2001 erarbeitet. Die Kosten pro Vorstellung sind unverhältnismäßig hoch. Beispielsweise kosten allein die Naturgraskästen 5 Mio. Lei, dabei können sie maximal einen Monat benutzt werden. Es bedarf vieler auswärtiger Mitarbeiter, darunter 10 Kinder, Schüler und Studenten sowie Kollegen aus Hermannstadt; dennoch ist die Zuschauerzahl auf 80 begrenzt. So würden die Einnahmen aus 30 Vorstellungen nicht genügen, um die Kosten einer einzigen zu decken. Die Vorstellung wurde übrigens trotz allem am 07. und 27 Oktober 2001 sowie am 6 November 2001 gespielt. Eine Videoaufnahme dieser Inszenierung wurde UNITER, dem rumänischen Theaterverband, in der Hoffnung zugeschickt, dass diese in die Nominierung der besten Inszenierungen des Jahres aufgenommen werde. Leider geschah dies nicht.

8. Die Vorstellung "Sibirien" hatte programmgemäß am 19. Oktober 2001 Premiere. Sie wurde im November drei Mal gespielt. Leider befand sich die Alleindarstellerin zwischen dem 2. Januar 2002 und dem 15. Februar 2002 mit der Temeswarer Staatsoper auf Holland Tournee ("König Berenger"). Anfang März startete die "Sibirien" Tournee mit einem Gastspiel in Bukarest; vom 18.04.bis 20.04. wird man in Großwardein und Klausenburg spielen.

9. Am Dienstag, dem 26. März gab ich im Rahmen einer Pressekonferenz den Spielplan für die weitere Spielzeit bekannt. Einer ausführlichen Wiederholung an dieser Stelle bedarf es wohl nicht.

Wir hätten uns sehr gefreut wenn viele der Personen, welche dieses sogenannte "Protestschreiben" unterschrieben haben, sich die Mühe gemacht hätten, unser Haus zumindest ab und zu mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Um nur einige der Zeichner des "Protestschreibens zu nennen, die im Zeitraum Oktober 2001- März 2002 nie das DSTT betreten haben: Herr Martin Baucks, sowie Herr Mag. Dr. Johann Dama.

Eine Reihe von Unstimmigkeiten zwischen dem, was behauptet wird, und dem, was eigentlich geschieht, hätten geklärt werden können. Fraglich bleibt, auf Grund welcher Vorabinformation die Liste unterschrieben wurde.

Wir bitten hiermit - und das ist eine öffentliche Einladung - alle Unterzeichnenden zu einem öffentlichen Treffen am 15 April 2002, 17 Uhr, im Foyer des DSTT. Dazu ist natürlich auch die Presse herzlichst eingeladen.

Wie schade, dass wir den Welttag des Theaters auf diese Weise feiern mussten.

Mit besonderer Hochachtung für die Objektivität Ihrer Zeitung.  

Alexandra Gandi

Intendantin des Deutschen Staatstheaters Temeswar

 


DSTT: Theater im Theater

Intendantin entlässt Dramaturg / Bestattungsinstitut mit Marktforschungskompetenzen

(Veröffentlicht in  "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - vom 12.04.2002)

mf. Temeswar - Die Intendantin entlässt den Dramaturg, ein Bestattungsinstitut betreibt Marktforschung für das DSTT und es herrscht Unsicherheit über den Namen der Leiterin der Bühne. Nachdem in den vergangenen Wochen durch das "Plädoyer für das Deutsche Staatstheater Temeswar" die deutsche Bühne in der Diskussion war, kommt das DSTT nun erneut in die Schlagzeilen. Aus einer Recherche der Wochenzeitung "Banateanul" geht hervor, dass die Intendantin der deutschen Bühne nach ihrer Heirat (in Dänemark) mit dem deutschen Schauspieler Marc Ossau dessen Namen angenommen habe, gleichzeitig aber den Namen Gandi weiter verwende. Die offiziellen Dokumente des Theaters unterschreibe sie mit dem Namen Gandi, obgleich das gar nicht mehr ihr richtiger Familienname sei, so das Blatt weiter. Dabei ist die offizielle Einladung des Wiener Pygmalion-Theaters für das Gastspiel des DSTT mit Schnitzlers "Reigen" auf den Namen Alexandra Ossau ausgestellt. Dazu die Leiterin der Bühne unserer Zeitung gegenüber: "Mein Mädchenname ist Gandi, mein Arbeitsbuch ist auf dem Namen Gandi erstellt". Nach ihrer Heirat heiße sie Ossau, gesteht die Intendantin. "Es wird weiter so bleiben, ich werde mit Gandi und Ossau unterschreiben: mit Gandi meine Vorstellungen, mit Alexandra Gandi-Ossau sonst alles. Als ich den Wettbewerb für die Intendantenstelle gemacht habe, hatte ich meinen Namen noch nicht geändert. Wenn ich dafür strafbar bin, dann bestimmt nicht von Ihnen", sagte sie dem Reporter der ADZ und schloss: "Ich habe das aber in Ordnung gebracht, es ist jetzt in Ordnung und legal". "Bånå¡eanul" hat ebenfalls herausgefunden, dass die neue Leitung des Theaters eine Arader Bestattungsfirma mit dem Namen "Nosferatum" beauftragt hat, eine neue Marketing-Strategie für das DSTT auszuarbeiten. Dem Temeswarer Wochenblatt zufolge, enthält diese Strategie nur Allgemeinplätze, die der Geschäftsordnung des DSTT entnommen seien. Dafür soll die Firma "Nosferatum" 5,5 Millionen Lei pro Monat, sechs Monate lang, erhalten. Der Tätigkeitsbericht der Firma für den Monat Februar sei ebenso vage formuliert, berichtet das Blatt, was auf die Ernsthaftigkeit der Tätigkeit von "Nosferatum" einen Schatten werfe. Gandi der ADZ gegenüber dazu: "Bisher gab es im DSTT gar kein Marketing", das sei eine "neue Idee". Es sei nun eine Marktforschung gemacht worden. Die Firma habe Geld gebracht, Konzepte für die nächsten Vorstellungen erarbeitet und Impresariatsarbeit gemacht, was bislang "keiner verpflichtet" gewesen sei, zu tun. "Nosferatum" sei keine reine Bestattungsfirma, das sei nur ein Teil des Tätigkeitsbereiches, zu dem ebenfalls Buchhaltung und Marktforschung gehören. Ob die Strategie der Firma richtig sei, könne man erst nach einem Jahr entscheiden, meint Gandi. Berichten zufolge, die die Entlassung des Dramaturgen Lucian Vår¿åndan betrafen, finden ihre Bestätigung. Unserer Zeitung sagte Intendantin Gandi, die Entlassung sei eine interne Angelegenheit, sie wolle keine "schmutzige Wäsche nach draußen bringen". "Der Dramaturg muss jeden Tag hier sein und seine Arbeit tun. Wenn er das nicht tut, muss er gehen", so Gandi. Der Entlassene sagte uns: "Am 28. März 2002 wurde mir durch die Sekretärin des Theaters ein Beschluss der Intendantin, Alexandra Gandi, überreicht, in dem festgehalten wird, dass ich ab dem gleichen Tag entlassen werde. Ich habe seit meiner Anstellung am Theater im Jahre 1999 mein ganzes Können und Wissen vorbehaltlos in den Dienst dieser Kultureinrichtung gestellt, und das gilt sowohl für die Amtszeit von Frau Zamfirescu, als auch für die Zeit danach. Ich habe das nicht einem Intendanten zuliebe, sondern diesem Theater zuliebe gemacht, auch in den letzten Wochen".

 


"Plädoyer" in der Debatte

Hitzige Diskussion um Repertoirepolitik des DSTT

(Veröffentlicht in  "Banater Zeitung"  10. Jahrgang/Nr.438,  Mittwoch 17. April 2002)

mf. Temeswar - Das hatte es in dieser Form noch nicht gegeben: dass die Initiative einer Gruppe junger Menschen, die sich Gedanken darüber machen, wie eine Kultureinrichtung der deutschen Minderheit geleitet wird und dazu eine Unterschriftenaktion starten, eine öffentliche Debatte auslöst und zu einer Begegnung beider Seiten in Anwesenheit der Temeswarer Presse sowie der Verantwortungsträger führt. Die Intendantin des Hauses, Alexandra Gandi. hatte die Unterzeichner des "Plädoyers für das Deutsche Staatstheater" zu einer Debatte am Randes dieses Dokuments eingeladen. Von Beginn an wurde deutlich, dass der Veranstalter eher darauf aus war - man befand sich schließlich in einem Theater , die Unterzeichner des "Plädoyers" vorzuführen, als auf die Argumente einzugehen. So mussten sich diese Tiraden bzw. Anschuldigungen anhören, die an Zeiten erinnerten, die man vergangen glaubte. Die Debatte machte auch deutlich, dass man hierzulande mit Kritik nicht umgehen kann. Dabei ist das DSTT eine öffentliche Einrichtung, die sowohl ihren Geldgebern als auch dem Publikum gegenüber in der Verantwortung steht und sich der Kritik des Publikums zu stellen hat.

Den Veranstaltern ging es in den Gesprächen stets darum, die von den Unterzeichnern gebrachten Argumente zu verharmlosen. Letztendlich gelang es zum Teil dennoch, die Diskussion auf die Argumente des "Plädoyers" zurückzuführen und diese zur Debatte zu stellen: die Aufnahme einer hohen Anzahl rumänisch- bzw. mehrsprachiger Veranstaltungen in den vergangenen Monaten, die Repertoirepolitik, das Wiener Gastspiel des DSTT usw. Die Wirkung des "Plädoyers" war aber bereits in den letzten Wochen deutlich geworden, als es am DSTT eine repertoirepolitische Neuorientierung gab und selbst auf Eis gelegte Aufführungen wieder zu sehen waren. Obwohl nicht offen ausgesprochen, gab es selbst seitens der Intendantin Signale, dass die im "Plädoyer" angesprochenen Probleme in Zukunft berücksichtigt werden. Den Gesprächen wohnten nebst Unterzeichnern (Benjamin Neurohr, Ingrid Schiffer, Peter Kottler und Michael Fernbach) sowie Schauspielern (Bernd von Bömches, Marc Ossau), auch Razvan Hrenoschi, seitens des Temescher Kreisrats, Konsul Klaus-Peter Marte, tfa-Koordinator Peter Kratzer sowie Kreisratsmitglied Adrian Gavruta, der Vorsitzende des Leitungsrats des DSTT bei, jedoch kein hochrangiger Vertreter des Deutschen Forums. Die anwesenden Vertreter der Institutionen sprachen der Intendantin ihre Unterstützung zu, betonten, die von der Leitung getroffenen Maßnahmen seien als Versuch gedacht, mehr Publikum für das Theater zu gewinnen. Zudem müsse ihrer Ansicht nach einem Intendanten eine ausreichende Probezeit gewährt werden. Konsul Marte und ifa-Koordinator Kratzer versprachen, dass das Institut für Auslandsbeziehungen Stuttgart sowie die Dönauschwäbische Kulturstiftung das DSTT weiter fördern werden. Zudem erklärte Hrenoschi, die Existenz des DSTT sei nicht gefährdet.

Als einen "sehr guten Schritt" bezeichnete Peter Kratzer die Tatsache, dass es Im Rahmen des "Gesprächskreises Politik" des Temeswarer Deutschen Forums Überlegungen zur Kulturpolitik der Institutionen der deutschen Minderheit gibt und dass man damit auch In die Öffentlichkeit gegangen Ist. Der "Banater Zeitung" sagte Kratzer weiter, man könne darüber streiten, ob der Weg, der gegangen wurde, richtig sei. Die Intendantin des Theaters, Alexandra Gandi, meinte die Debatte habe dem Theater "umsonst Werbung gebracht", sie hoffe aber, diese sei nützlich gewesen und würde dazu führen, dass das DSTT zu mehr Zuschauern käme. Es sei auf jeden Fall gut, wenn man offen miteinander spreche, sagte Gandi, für die das "Plädoyer" jedoch eine "eher negative Art der Kritik" darstellt; für Anregungen sei sie jedoch offen.

Benjamin Neurohr, der Initiator des "Plädoyers", sagte nach der Diskussion, es sei vor allem wichtig, dass die Temeswarer deutsche Bühne erhalten bleibe. Es sei In diesem Sinne positiv, dass der Kreisrat, das ifa und die Donauschwäbische Kulturstiftung ihre Unterstützung bekräftigt haben. Neurohr: "Es darf nicht zu einem Verzicht auf die deutsche Sprache kommen, den es ansatzweise - und manchmal mehr als das - am DSTTT gegeben hat. Die Leitung des Hauses Ist jedoch in den letzten Wochen in der Art und Weise, wie sie die Geschicke des Theaters lenkt aufmerksamer geworden."

 


Quo vadis Deutsches Staatstheater

(Veröffentlicht in  "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - online vom 09.05.2002)

Das Deutsche Staatstheater Temeswar mit einer neuen Leitung, umgestaffelten Verantwortungsträgern und herausgeforderten Bewahrern seiner 49-jährigen deutschen Theatertradition, definierte in den letzten 7 Monaten seine Theaterpolitik entsprechend den wahrgenommenen Anforderungen der Gegenwart, versuchte auf weite Sicht die Richtlinien seiner Bühnendarbietungen einer vertretbaren Zukunft des Theaters gerecht zu werden. Dieser Prozess, dem ein neues Kulturmanagement zur Seite stehen will, löste in breiten Kreisen der Öffentlichkeit unterschiedliche Stellungnahmen, Diskussionen pro und contra gegenüber prinzipiellen Aufgabenstellungen und Zielen des Deutschen Staatstheaters Temeswar aus, vorgestellt von der neuen Theaterleitung dem aufmerksamen Publikum des Banats und landesweit. Es muss hier gesagt werden, dass im Vorgang der Meinungsbildung und des Personalaustausches seitens der zuständigen Kompetenzträger des Kreises, abgesehen von Begründungen aller Art, die in den Spielraum der Umgestaltungen gebracht wurden, mit sehr viel unprofessioneller und auch mit subjektiv beladenen Emotionen umgegangen wurde. Sie erzeugten Besorgnisse, öffentliche Proteste, aber nicht nur deswegen, sondern auch im Zusammenhang mit den Existenzbegründungen der deutschen Bühne in Temeswar, die nach Meinungen vieler interessierter Bürger die Zukunft des DSTT, als einziges deutsches Kulturinstitut in Südosteuropa, in Frage stellen könnten. Sie sahen es als wichtige Aufgabe, die öffentliche Aufmerksamkeit auf diese Gefahr zu lenken, mit der guten Absicht, sie zu verhindern. In der Inventur dieser prinzipiellen Auseinandersetzungen stand das Problem der multikulturellen Breitenwirkung des deutschen Theaters. Eigentlich ein Einbruch in eine Thematik mit offenen Türen: multikulturell heißt nicht vielsprachig, sondern Bühnenstücke von Autoren weltweit in deutscher Sprache, für Zuschauer, die auch in direkter Übersetzung, abgesehen von der Nationalität, das Spiel in Form und Wort miterleben können. Das ist aber kein Wunsch, sondern schon seit Jahren geübtes und erlebtes Politikum im Haus des DSTT. Vielsprachige Aufführungen mit der Absicht auf "volle Säle" und "breitere Kasse" sind in Temeswar mit seinen rumänischen und ungarischen Ensembles eine Redundanz und würden das Theater an seinen Aufgaben als deutsche Kulturinstitution vorbei tragen. Unser hohes Interesse an der Weiterentwicklung des DSTT ist soweit motiviert, soweit sie als Träger der deutschen Sprache und Kultur einen wichtigen Bindungs- und Bildungsfaktor für uns darstellt. Es ist aber nicht ein Minderheitentheater, sondern seit 1953 ein deutsches Staatstheater, offen und zugänglich für ein weit über die Dimension der deutschen Minderheit reichendes Publikum. Sein 49-jähriges Bestehen ist dafür das beste Argument. Die Probezeit der 7 Monate und die gewonnenen Erfahrungen, wie auch die öffentlichen Debatten und der vorgestellte Spielplan erlauben uns die Zuversicht und die Hoffnung auf die Fortsetzung einer Bühnentradition, die mit Stolz auf seine Erfolge zurückblicken darf, und bewegt uns zum aufrichtigen Wunsch vieler Erfolge, die wir dem Theaterteam und seiner Leitung mitgeben wollen.                

Der Vorstand des D.F.D.Banat

 


Am DSTT sollten vielleicht mehr Stücke deutscher Autoren gespielt werden 

Ein Interview mit dem Sprecherzieher Simon Schlingplässer

(Veröffentlicht in  "Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien" - online vom 23.05.2002)

Simon Schlingplässer, Sprecherzieher an der Schule für Schauspiel in Hamburg, ist bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr in Temeswar zu Gast. Der 27-Jährige trainiert mit den hiesigen deutschsprachigen Schauspielstudierenden intensiv Körperstimme und Artikulation der deutschen Sprache. Momentan unterstützt er sie bei den Proben für einen Auftritt beim Treffen deutschsprachiger Schauspielstudierender im Juni in Essen. Unsere Mitarbeiterin Mandy Simon sprach mit Simon Schlingplässer über seine Arbeit, die deutsche Schauspielklasse und das Deutsche Staatstheater Temeswar.

Wie kam Ihr Engagement in Rumänien zustande? Vor einiger Zeit habe ich die Schauspielerin Enikö Benczö kennengelernt. Sie hatte eigentlich die Idee, mich hierher einzuladen. Und dann hatte ich letzten September ein Gespräch mit Ida Gaza von der deutschen Schauspielklasse der Musikfakultät der West-Universität Temeswar und so bin ich schließlich hierher gekommen. Ich war bereits drei Wochen im Februar und bin jetzt noch einmal für zwei Wochen da, wobei die Friedrich-Ebert-Stiftung Fahrt- und Übernachtungskosten sowie eine Aufwandsentschädigung zahlt.

Welchen Eindruck haben Sie von der deutschen Schauspielklasse? Das Problem der Studierenden ist wirklich die Aussprache und das Verstehen des Deutschen. Ich habe den Eindruck, dass sie stimmlich und sprachlich zu wenig Unterricht erhalten. Anfangs war es wirklich schwierig, mit ihnen zu arbeiten, weil sie Mühe hatten, selbst einfache Anleitungen überhaupt zu verstehen. Ich konnte nur einfache Sätze mit ihnen üben und musste oft grundlegende Wortbedeutungen klären.

Abgesehen von der Sprache, konnten Sie auch andere Unterschiede zwischen den Studierenden in Hamburg und den Temeswarern ausmachen? Die Studenten hier sind oft brutaler und stärker in ihrem Ausdruck, stimmlich und körperlich härter, direkter. Die deutschen Schauspielschüler sind da oft zurückhaltender, aber das liegt sicherlich an der Mentalität. Anfangs haben sich die hiesigen Studenten auch nicht getraut, ihre eigene Meinung zu äußern, was die deutschen Schüler dagegen eher tun. Und natürlich gibt es auch im schauspielerischen Niveau Unterschiede. Man merkt, dass es hier keine große Auswahl an Bewerbern für die Schauspielklasse gibt, anders als in Deutschland. Daher sind einige Studenten hier sowohl sprachlich als auch schauspielerisch zum Teil schwach.

Was versuchen Sie den Schülern mitzugeben? Ich versuche, sie in den wenigen Wochen, in denen ich jeweils da bin, Grundlagen zu lehren, ihnen etwas in die Hand zu geben, sodass sie selbstständig weiterarbeiten können. Nehmen Sie von ihren Aufenthalten auch selbst etwas mit? Ja, ich habe auch selbst bei dieser Arbeit viel gelernt. Zum ersten Mal habe ich so kompakt gearbeitet. Sonst unterrichte ich in Hamburg Schüler ein Jahr lang jeweils fünf Stunden in der Woche und hier unterrichte ich fünf und mehr Stunden am Tag. Und da lernt man auch seine körperlichen Grenzen kennen, merkt, wieviel man überhaupt schafft. Und natürlich sind mittlerweile auch viele Freundschaften zu den Studenten entstanden.

Inzwischen hatten Sie ja auch mehrfach Gelegenheit, Vorstellungen des Deutschen Staatstheaters Temeswar zu besuchen. Wie beurteilen Sie dessen Arbeit? Einige Inszenierungen wie beispielsweise "Leonce und Lena" haben mir sehr gut gefallen. Es ist eine sehr leichte, spielerische Variante, die dem Stück wirklich gerecht wird. Andere Inszenierungen, wie zum Beispiel "Eines langen Tages Reise in die Nacht" habe ich, ehrlich gesagt, nicht verstanden. Aber ich denke, man muss bei der Beurteilung generell berücksichtigen, dass hier oft Studenten mitwirken und nicht nur Vollprofis. Das ist zum einen natürlich gut, weil die Studenten so die Möglichkeit haben, schon während ihres Studiums zu spielen. Aber vielleicht spannt man sie auch zu sehr ein.

Was wünschen Sie sich für dieses Theater? Vielleicht wäre es wichtig, mehr Stücke deutscher Autoren zu spielen, vielleicht nicht unbedingt nur Goethe und Schiller, aber Stücke, die für Deutschland repräsentativ sind. Wir danken für das Gespräch.