Infos 2003/Abschied fuer ein Jahr

Artikel aus:  SIEBENBÜRGISCHE ZEITUNG ONLINE     ( 25.09.2003 )

 

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze

von Dieter Michelbach


Die Vergänglichkeit der Schauspielkunst ist im Prolog zu Friedrich Schillers „Wallenstein“ thematisiert, der bei der Wiedereröffnung der Schaubühne in Weimar im Oktober 1798 gesprochen wurde. Die Autorin Magdalena Binder hat nun mit dem biographischen Roman „Abschied für ein Jahr“ die Lebensgeschichte der in Siebenbürgen bekannten Schauspielerin Margot Göttlinger verarbeitet und so dem flüchtigen Augenblick auf der Bühne ein Buch entgegengesetzt.

 
1941 erhält die noch unbekannte Schauspielerin aus Berlin für ein Jahr ein Engagement am Deutschen Landestheater in Hermannstadt. Insgeheim hofft sie auf eine Film-Rolle, denn sie steht in Kontakt zu dem Regisseur Wolfgang Liebeneiner, der den „Mustergatten“ mit der Leinwandgröße Heinz Rühmann erfolgreich in die Kinos brachte. Nach einem Jahr möchte sie nach Berlin zu Liebeneiner zurückkehren, doch ihr Lebensweg entwickelt sich anders als geplant. Ihr Leben ist das Theater, und so feiert sie Erfolge auf der Bühne und wird zur umjubelten Schauspielerin. Sie ehelicht Gustav Binder und verbleibt in Rumänien. Die jährlichen Theatertourneen führen die Truppe durch viele siebenbürgische Ortschaften: Mediasch, Agnetheln, Kronstadt. Schäßburg, das „siebenbürgische Rothenburg“, wird im Roman besonders detailliert beschrieben. Die Kriegshandlungen ergreifen auch das Königreich Rumänien, der kulturelle Aderlass setzt ein. Das geistige Klima wird rauher, sozialistische Grundsätze gewinnen an Raum und die Schauspielerin, die mittlerweile drei Kinder zu versorgen hat und arbeitslos ist, fühlt sich eingesperrt. 1953, als die deutsche Abteilung des Temeschburger Staatstheaters gegründet wird, kann sie wieder arbeiten, doch viele Dinge haben sich grundlegend verändert.


Neben Szenen aus dem Theaterleben enthält der Roman auch einen privaten Einblick in das Familienumfeld der Schauspielerin. Für Theaterinteressierte enthalten die Passagen jedoch nur grobe Andeutungen, die im Nachwort in einer Übersicht des künstlerischen Lebensweges der Schauspielerin Margot Göttlinger erläutert werden. Rumäniendeutschen Begriffen wie „Kartelle“ sind allerdings keine gesonderten Anmerkungen gewidmet.

Insgesamt vermittelt der Roman jedoch einen guten Einblick in das Leben der Schauspielerin Margot Göttlinger, die im April 2001 verstarb. „Denn schnell und spurlos geht des Mimen Kunst, / Die wunderbare, an dem Sinn vorüber, / Hier stirbt der Zauber mit dem Künstler ab...“, doch um Schillers Wallenstein-Prolog abzuwandeln: „Ihren Ruhm bewahrt nun ein dauernd Werk.“


Magdalena Binder, in Deutsch-Sankt-Peter geboren und in Guttenbrunn im Banat aufgewachsen, war Mitglied des Adam Müller-Guttenbrunn Literaturkreises in Temeswar und schriftstellerisch sowie künstlerisch in Rumänien tätig.

(gedruckte Ausgabe: Siebenbürgischer Zeitung, Folge 15 vom 30. September 2003, Seite 6)
 


Magdalena Binder: Abschied für ein Jahr. Das ungewöhnliche Schicksal der Margot Göttlinger. Biographischer Roman. Verlag Eurobit, Temeswar 2003, 176 Seiten, ISBN 973-620-057-4.

Das Buch kann zum Preis von 12 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei der Autorin bestellt werden unter Telefon: (09 41) 56 04 55, oder E-Mail: binder.mw@t-online.de 


Artikel aus:  "BANATER ZEITUNG"   ( 15. Oktober 2003 )

 

Biographie einer Schauspielerin

Buch über Margot Göttlinger erschienen

von  Stefana Ciortea-Neamtiu

 

„Margot Göttlinger war ein großer Stern des Temeswarer Theaters, nicht nur des Deutschen Theaters sondern des Temeswarer Theaters überhaupt und vielleicht auch des rumänischen Theaters,“ mit diesen Worten umriss Ildiko Jarcsek-Zamfirescu, Schauspielerin und langjährige Intendantin des DSTT das Bild eines der Sterne des Deutschen Staatstheaters Temeswar in seinen Anfängen: Margot Göttlinger, die Berlinerin, die sich für ein Jahr nach Rumänien begeben hat, um in Hermannstadt unter Vertrag zu arbeiten, die in Rumänien ihren Bräd geheiratet, drei Söhne zur Welt gebracht hat, und die jahrelang am Deutschen Staatstheater Temeswar tätig war. Margot Göttlinger exzellierte in den großen Rollen der deutschen Aufklärung wie Lessings „Minna von Barnhelm“ oder der Klassik wie Goethes „Iphigenie auf Tauris“.

„Abschied für ein Jahr - Das ungewöhnliche Schicksal der Margot Göttlinger“ ist der Titel dieses vor kurzem im Temeswarer Eurobit-Verlag erschienenen Buches, das die Unterschrift Magdalena Binders trägt. Magdalena Binder, geborene Kern-Rennon, eine der Schwiegertöchter der Schauspielerin, Schriftstellerin, Künstlerin und freie Mitarbeiterin mehrerer Zeitungen, trägt in diesem Roman Erinnerungen von Margot Göttlinger und an Margot Göttlinger zusammen. Entstanden ist das Buch aus den Handschriften der Schauspielerin, die begonnen hatte, ihre Memoiren niederzuschreiben, sowie aus den Erinnerungen der Familie an diese für ihre Bekannten und ihr Publikum unvergesslichen Frau, wie es immer wieder bei der Buchvorstellung unterstrichen wurde.

Der Roman wurde am Freitag  Nachmittag im Temeswarer Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus präsentiert. Zu diesem Anlass sprach Ildiko Jarcsek-Zamfirescu das einleitende Wort. Magdalena Binder erzählte aufrichtig, bescheiden über die Entstehungsgeschichte des Romans, der in Deutschland keinen Verleger gefunden hat - wegen der Marketingstrategien der Buchverlage - der aber nun in Temeswar erschienen ist, wo die Schauspielerin jahrelang gelebt hat und tätig war.

Zum Schluss las Ida Gaza, die Margot Göttlinger persönlich gekannt hat, einige der schönsten Passagen aus dem Roman.

 

Magdalena Binder: Abschied für ein Jahr. Das ungewöhnliche Schicksal der Margot Göttlinger. Biographischer Roman. Verlag Eurobit, Temeswar 2003, 176 Seiten, ISBN 973-620-057-4.

Das Buch kann zum Preis von 12 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei der Autorin bestellt werden unter Telefon: (09 41) 56 04 55, oder E-Mail: binder.mw@t-online.de 

 


Artikel aus:  "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN" -ONLINE  ( 24. Oktober 2003 )

 

Viele wertvolle Hintergrundinformationen


Buch über Schauspielerin Margot Göttlinger

von  Dr. Horst Fassel



Magdalena Binder publizierte seit 1974 in den deutschen Zeitungen und Zeitschriften Rumäniens. Die Ehefrau von Wolfgang Binder, der sich lange und nachdrücklich für die Musik am Deutschen Staatstheater Temeswar (DSTT) engagierte, hat 1976/77 in Guttenbrunn den Roman "Meister Jakob und seine Kinder" für die Laienbühne dramatisiert. Vor kurzem legte sie ihre Darstellung des Lebens und der Bühnentätigkeit von Margot Göttlinger vor, die sich aus Erinnerungen und Familieninformationen speist. Es ist die inzwischen dritte Publikation, die Schauspieler des Deutschen Staatstheaters Temeswar präsentiert, und sie enthält mehr als die beiden anderen (die Memoiren von Stefan Heinz-Kehrer oder die Interviewserie von Iosif Costinas über Buju Ternovits) persönliche und familiäre Hintergrundinformationen. Den Rahmen bilden die letzten Lebensjahre von Margot Göttlinger in Temeswar, als sie - zwar in der Inneren Stadt wohnend - zunehmend weniger wahrgenommen wurde und mehr und mehr vereinsamte. Zwar hat sie in den siebziger Jahren - nachdem sie in O'Neills "Ein Mond für die Beladenen" und Grillparzers "Sappho" noch einmal auf der Bühne glänzen konnte - nur noch als Regisseurin für handfeste Beweise ihrer Theaterkunst gesorgt. Zuletzt mit Hans Kehrers Dramatisierung des "Meister Jakob" anlässlich des 25. Jubiläums des Deutschen Staatstheaters. Aber danach umgab Margot Göttlinger, den Star des Deutschen Landestheaters (1942-44) und des Deutschen Staatstheaters in den fünfziger und frühen sechziger Jahren, öffentliches Schweigen. Das ist nicht nur ein bedenkenswerter Rahmen für eine Biografie, sondern auch der Hinweis darauf, wie schnell man diejenigen vergessen konnte, die zuvor als Sprecher der Kunst und des Gemeinschaftsbewusstseins in Erscheinung getreten waren. Das Buch selbst hält die frühe Entwicklung der gebürtigen Wuppertalerin fest, die in Babelsberg ihr Metier erlernte, durch einen Zufall nach Hermannstadt kam und danach Siebenbürgen und das Banat zu ihren Lebensmittelpunkten machte. Ihre faszinierende Präsenz auf der Bühne, ihre überdurchschnittliche Sprachführung, ihre vielfältige Verfügbarkeit, das alles wird wieder in Erinnerung gerufen. Die Bekanntschaft mit Bräd (Gustav) Binder, der sowohl das Landestheater als auch das DSTT (mit insgesamt 33 Stücken) bestens mit Bühnenbildern ausstattete, wobei er für den "Faust" des Landestheaters auf die Mitwirkung der gelernten Kostümbildnerin Margot Göttlinger zählen konnte, die Entstehung der Familie Binder und deren Schicksale während und nach dem Krieg: das allein wäre schon Stoff genug für einen Roman. Magdalena Binder schreibt aber auch über einzelne Aufführungen, bei denen die beiden Göttlinger-Binder einander ergänzten, schreibt über die Entwicklung der Söhne, die schließlich bei den Märchen-Spielen der siebziger Jahre mit der Mutter zusammenarbeiteten (Raimund und Wolfgang). Das alles in geduldiger Ausführlichkeit mitzubekommen ist von großem Interesse. Einmal wird sichtbar, wie vielseitig ein Bühnenkünstler im Banat und in Rumänien zu sein hatte (Margot Göttlinger schrieb Aufsätze über Bühnensprache, gab Regieanweisungen in den Periodika, dichtete Verse, führte Regie, spielte zahlreiche einprägsame Hauptrollen). Auch stellt man fest, wie noch im 20. Jahrhundert eine Familientradition auf den Brettern, die die Welt bedeuteten, möglich und wichtig war: Gustav Binder, der Bühnenbildner, seine Gattin Margot Göttlinger, der Regie führende Dramatiker und Schauspieler Raimund Binder und der Musiker Wolfgang Binder. Dass diese Tradition in Temeswar durch die Familie Jarcsek und Zamfirescu fortgeführt wurde, zeigt nur, dass es sich nicht bloß um Einzelfälle gehandelt hat. Darauf hinzuweisen, eine Chronik einer für die Deutschen in Rumänien außerordentlich wichtigen Künstlerin und ihrer familiären Umgebung geschrieben zu haben, ist ein Verdienst der Autorin. Wenn einige der Sachangaben (S.173-74) überprüft werden müssten, wenn die letzte große Rolle der prädestinierten "klassischen" Interpretin Göttlinger nicht zufällig die Sappho war, die nach einer Königin Elisabeth, einer Lady Milford, einer Iphigenie folgte, dann ändert dies nichts an der Freude an diesem Buch. Für die Geschichte des DSTT ist es ein Hinweis dafür, dass mit dem Abgang der Margot Göttlinger die Kontinuität der traditionellen großen Klassiker-Inszenierungen endete.

 

Magdalena Binder: Abschied für ein Jahr. Das ungewöhnliche Schicksal der Margot Göttlinger. Biographischer Roman. Verlag Eurobit, Temeswar 2003, 176 Seiten, ISBN 973-620-057-4.

Das Buch kann zum Preis von 12 Euro, zuzüglich Versandkosten, bei der Autorin bestellt werden unter Telefon: (09 41) 56 04 55, oder E-Mail: binder.mw@t-online.de