Infos 2003/DSTT wurde 50

DAS DEUTSCHE STAATSTHEATER TEMESWAR WURDE 50


Artikel aus:  "BANATER POST" ONLINE    ( Februar 2003 )

 

Eine Erfolgsgeschichte – nicht nur auf der Bühne

Podiumsdiskussion über fünf Jahrzehnte

»Deutsches Staatstheater Temeswar«

 

Anlässlich des fünfzigjährigen Gründungsjubiläums des Temeswarer Deutschen Staatstheaters hatte der Bundesvorstand der Landsmannschaft am 17. Januar dieses Jahres die langjährigen Schauspieler und Gründungsmitglieder der Temeswarer Bühne, Stefan Heinz-Kehrer, Franz Keller und Julius Vollmer von Szabo, zu einer Podiumsdiskussion ins Ulmer Kultur- und Dokumentationszentrum der Banater Schwaben eingeladen. Schwerpunktmäßig ging es im Gespräch mit den drei genannten Zeitzeugen um die Umstände der Gründung des deutschen Theaterensembles im Januar 1953, um den öffentlichen Auftrag des Theaters unter den Bedingungen einer vom Staat kontrollierten Kulturarbeit, um die Entwicklung des Ensembles und um dessen bedeutungsvolle kulturelle Ausstrahlung auf die deutsche Bevölkerung im Banat.

Geistige Mittlerrolle

Zur Eröffnung der Podiumsdiskussion begrüßte die stellvertretende Bundesvorsitzende Barbara Gaug die Teilnehmer und die zahlreich erschienen Gäste. Sie umriss die einmaligen Leistungen des Deutschen Staatstheaters Temeswar und besonders dessen herausragenden Stellenwert in der Kulturlandschaft des Banats, die wichtige, identitätsstiftende Rolle dieser Institution für die Banater Deutschen. Nach Krieg, Deportation, Enteignung und Entrechtung habe die Gründung dieses Theaters der deutschen Minderheit geholfen, wieder zu einem eigenständigen geistigen Leben zu finden. Bei aller zentralen Steuerung der Kulturaktivitäten durch Partei und Staat sei dieses Zugeständnis, das an die deutsche Bevölkerung gemacht wurde – jetzt im Rückblick betrachtet – als ein wesentlicher Faktor für den Fortbestand der deutschen Kulturtradition im Banat und in Rumänien zu sehen, als ein wesentlicher Beitrag für den Fortbestand der deutschen Minderheit als Gruppe überhaupt. Durch die geistige Mittlerrolle des Theaters und besonders durch die Aufnahme von klassischen und modernen Stücken der deutschen Bühnenliteratur in den Spielplan gelang es den Banater Deutschen, ein Gefühl der Anbindung an einen großen Kulturkreis zu vermitteln.

Bei der Podiumsdiskussion im Ulmer Kultur- und Dokumentationszentrum der Banater Schwaben (von links): Die stellvertretende Bundesvorsitzende Barbara Gaug, die Schauspieler Stefan Heinz-Kehrer, Franz Keller, Julius Vollmer von Szabo und Kulturreferent Dr. Walther Konschitzky.
Foto: Walter Wolf

Nachdem Barbara Gaug drei ehemalige Schauspieler des Temeswarer Theaters vorgestellt hatte, übernahm Dr. Walther Konschitzky, Kulturreferent der Landsmannschaft der Banater Schwaben, die Moderation des Podiumsgesprächs. Zur Einleitung und Einstimmung auf das Gespräch mit den Schauspielern präsentierte Konschitzky die im Vortragssaal des Kulturzentrums aufgebaute Ausstellung mit Szenenfotos, Theaterplakaten und anderem Dokumentationsmaterial; eine Ausstellung, die einen umfassenden Einblick in das reiche Bühnengeschehen des Deutschen Staatstheaters von der Gründung bis in unsere Tage bot. Erinnert wurde an die großen Aufführungen mit Bühnenwerken aus der deutschen Klassik, an erfolgreiche Volksstücke wie auch an Inszenierungen von Dramen, Lustspielen und modernen Stücken der Gegenwartsliteratur. Auch vermittelte diese Ausstellung eine Wiederbegegnung mit bekannten Gesichtern, mit Bildern jener Schauspieler, die als große Sympathieträger dem Bühnengeschehen immer wieder neue Erfolge bescherten.

Noch bevor die Umstände der Gründung des Theaters in der Runde diskutiert wurden, erinnerte Dr. Walther Konschitzky an die weiteren noch lebenden Gründungsmitglieder des Theaters, die an dieser Diskussion nicht teilnahmen: Elisabeth Kölbl, Ernst Kraus, Gerda Roth, Rudolf Krauser und Ottmar Strasser.

Bezüglich des genauen Gründungsdatums – ob es der 1., der 13. oder der 15. Januar 1953 ist – gibt es nach wie vor keine gesicherten Erkenntnisse, da keine offizielle Urkunde erhalten geblieben ist. Das Bestehen einer deutschen Abteilung am Temeswarer rumänischen Theater ist jedoch ab Januar 1953 belegt, da damals bereits die ersten Probenarbeiten aufgenommen wurden.

Erste Erfolge

Die ersten Schauspieler kamen aus den verschiedensten Berufen. Nur wenige hatten Bühnenerfahrung. Diese kam vom ehemaligen Deutschen Landestheater, das in der Zwischenkriegszeit bestand und das in Hermannstadt seinen Sitz hatte. Der erste Intendant wurde Rudolf Schati. Als Dramaturg erwarb sich Franz Liebhard große Verdienste um die neugegründete Bühne. Als erstes Stück wurden „Die Karlsschüler“ von Heinrich Laube inszeniert. Die Premiere fand am 26. Juni 1953 mit großem Erfolg statt. Es folgten weitere hundert Aufführungen, darunter viele in den Ortschaften des Banats und Siebenbürgen. Überall war man begeistert. Das neue Theater wurde von der deutschen Bevölkerung regelrecht gefeiert. Ein Beispiel: Bei der Aufführung in der Gemeinde Marienfeld wohnten den „Karlsschülern“ über tausend Zuschauer bei.

Ausfahrten aufs Land

Die drei bei der Podiumsdiskussion anwesenden Schauspieler berichteten im Verlauf des Abends über den weiteren Werdegang des Theaters, das 1956 zu einer eigenständigen Institution wurde und fortan Deutsches Staatstheater Temeswar (DSTT) hieß. Erinnerungen wurden geschildert in Verbindung mit den vielen Ausfahrten der Bühne auf die schwäbischen Dörfer, wo man überall mit größter Gastfreundschaft empfangen wurde. Die große Akzeptanz, die das Theater fand, wiederspiegelt sich auch in den überaus hohen Zuschauerzahlen.

Margot Göttlinger und Otto Graßl in „Sappho“ von Franz Grillparzer.






Die Bilanz fünf Jahre nach der Gründung lässt sich folgendermaßen zusammenfassen: Die eine Hälfte der Aufführungen fand im eigenen Haus in Temeswar statt, die andere auf den Bühnen der Dorfkulturhäuser. Bei 1057 Vorstellungen wurden 330 000 Zuschauer gezählt (ein Drittel davon in Temeswar). Waren es in den ersten drei Jahren bis zu vier Premieren pro Jahr, so steigerte sich deren Zahl nach der Verselbständigung des Ensembles auf sieben bis acht pro Jahr.

Bis zum 40-jährigen Jubiläum des DSTT 1993 wurden insgesamt 280 Inszenierungen erarbeitet; ab 1993 kamen noch vierzig weitere hinzu, was für dieses relativ kleine Ensemble eine beachtliche Leistung darstellt.

Aufschlussreich gestaltete sich in der Diskussion der Themenkomplex „Auftrag und Ziel des Theaters“. Das Wirken der Bühne wurde bestimmt vom Spannungsfeld zwischen Parteidiktat, erzieherisch auf die Zuschauer zu wirken im Sinne der kommunistischen Ideologie, und dem Bestreben des Dramaturgen und der Schauspieler, die sich ergebenden Freiräume zu nutzen für eine Theaterarbeit im Sinne der Zuschauer. Dementsprechend gestaltete sich auch der Spielplan. Zwei bis drei sogenannte „Pflichtstücke“ mit der entsprechenden ideologischen Führungslinie der Partei mussten dabeisein. Die weiteren Stücke konnten frei gewählt werden aus der deutschen oder aus der Weltliteratur. Alle Teilnehmer an der Podiumsdiskussion waren sich einig, dass Franz Liebhard (Robert Reiter) bei der Zusammenstellung des Repertoirs hervorragende Arbeit geleistet habe und es in guter Zusammenarbeit mit den Intendanten verstand, das Beste aus den Vorgaben „von oben“ zu machen. Als „guter Geist des Theaters“, wie ihn die Schauspieler nannten, handelte er nach der Devise: Stücke, in denen nicht ausdrücklich gegen den Kommunismus debattiert wird, müssen erlaubt sein. Und so hatte er es immer wieder durchgesetzt, dass der Spielplan ausgewogen ausfiel und den Wünschen des Publikums gerecht wurde. Anerkennende Worte fanden die altgedienten Schauspieler auch für den langjährigen Theaterdirektor Johann Szekler, der wohl auf politischer Ebene für das Theater verantwortlich war, sich jedoch stets vom Dramaturgen, der „grauen Eminenz“, beraten ließ. Die gute Zusammenarbeit mit Franz Liebhard (Robert Reiter) wirkte sich außerordentlich fruchtbar auf die künstlerischen Leistungen des Ensembles aus. Welchen Stellenwert die einzelnen Inszenierungen hatten, zeigt auch ein Blick auf die Statistik. Während die sogenannten „Pflichtstücke“ jeweils nur wenige Dutzend mal aufgeführt wurden, erreichten besonders die dramatischen Werke der Klassik, die Stücke namhafter Dramatiker der Weltliteratur oder auch die Volksstücke in Mundart hundert und mehr Aufführungen.

Aus den Ausführungen der Zeitzeugen ergab sich klar, dass es zwischen dem Theater und seinem Publikum so etwas wie ein stillschweigendes Einverständnis gab, was die mögliche Interpretation des Bühnetextes betraf. Als Beispiel wurde unter anderem „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller genannt, wo die Verteidigung der Freiheitsideale vom Publikum wohl in Verbindung mit der aktuellen Situation im kommunistischen Rumänien gebracht wurde, was in der Parteiperspektive gewiss nicht einkalkuliert war.

Das Erfolgsstück „Diener zweier Herrn“ von Carlo Goldoni mit den Darstellern des Temeswarer Deutschen Staatstheaters I. Jarcsek, G. Morawetz, H. Waldeck, R. Binder, J. Jochum, J. Vollmer, H. Sandhof und O. Schilz.
Fotos: Archiv Banater Post






Die spezifische Situation des DSTT wurde in prägnanter Weise mit einem Zitat von Emmerich Reichrath – einem der bedeutendsten Theaterkritiker aus der Blütezeit der Temeswarer Bühne – belegt: „Es ist funktionell und publikumsbewusst. Das heißt, es hat – mehr als irgendein Theater – eine ganz bestimmte Funktion zu erfüllen: Als eine der beiden staatlich subventionierten deutschsprachigen Bühnen in Rumänien ist es neben der Schule, der Buchproduktion und der Presse in der Muttersprache von entscheidender Bedeutung für das kulturelle Eigenleben unserer deutschen Bevölkerung; es vermittelt uns den lebendigen Kontakt zu den Werten der klassischen und modernen deutschen Kultur, zu denen wir uns ebenso bekennen wie zu unseren eigenen, hier gewachsenen spezifischen Traditionen ...“

Im weiteren Verlauf der Diskussion wurde über die Entwicklung des Ensembles im Laufe der Jahrzehnte berichtet, über die Beziehungen zur später in Hermannstadt errichteten deutschen Bühne und über die Arbeit der vielen Gastregisseure aus Deutschland, die der künstlerischen Arbeit einen qualitativen Schub verliehen. Als absolute Glanzzeit des DSTT wurden die Jahre zwischen 1965 und 1975 bezeichnet.

Erfolgsstücke Banater Autoren

Einen breiten Raum nahmen in der Diskussion die Gastspielreisen des Theaters durch das Banat, Siebenbürgen und nach Thüringen ein, wie auch die Erinnerung an Erfolge und weniger geglückte Unternehmungen. Als guter Griff erwies sich die Aufnahme von Stücken Banater Autoren. So feierte das Theater wahre Triumphe mit Mundartstücken, mit Werken, die sich mit der Lokalgeschichte befassten und mit Dramatisierungen aus der Banater deutschen Literatur. Die bedeutendsten Dramatiker waren Stefan Heinz-Kehrer, Ludwig Schwarz und Peter Rieß.

Zum Abschluss der Diskussion meldeten sich mehrere Gäste aus dem Saal und bekundeten ihren Dank für die Leistungen des Theaters. Eine Teilnehmerin meinte: „Wenn auch der Applaus für die einzelnen Stücke längst verklungen ist, so bleibt die Erinnerung an die großen Leistungen bestehen; Erinnerungen, die auch heute noch mit viel Dank verbunden sind.“

Zum Abschluss der Veranstaltung boten die eingeladenen Theaterleute den Gästen auch kleine szenische Einlagen. Julius Vollmer von Szabo trug je einen Monolog aus Shakespeares „Hamlet“ und „Sommernachtstraum“ sowie aus dem „Prometheus“ von Goethe vor. Stefan Heinz Kehrer gab einige Theateranekdoten zum besten. Danach präsentierten Franz Keller und Stefan Heinz-Kehrer die Szenette „Kusch-Mucki“ in Mundart (Verfasser F. Keller), die die beiden Schauspieler in den zurückliegenden Jahren unzählige Male aufgeführt haben.

Walter Wolf
 

 

Artikel aus:  "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN" -ONLINE  ( 11. April  2003 )

 

Unstimmigkeiten am Deutschen Staatstheater

DSTT - Jubiläumspremiere findet trotzdem statt


dc.Temeswar - Das Deutsche Staatstheater Temeswar sorgt erneut für Wirbel in der Temeswarer Kulturszene. Drei Wochen vor Beginn des großangelegten Theaterjubiläums sind Regisseur Reinhard Auer und die Schauspielerin Gabrielle Langes vom Freien Theater Bozen/Bolzano (Südtirol/Italien) kurzfristig und ohne vorherige Erklärung abgereist. Telefonisch teilten die beiden der Intendantin des DSTT, Alexandra Gandi, mit, "sie würden am DSTT nicht die Arbeitsbedinungen finden, die sie erwartet hatten", so dass sie sich gezwungen sahen, die Arbeit an der geplanten Inszenierung von Friedrich Schillers "Maria Stuart" einzustellen und vorzeitig abzureisen. Die Zusammenarbeit mit dem Freien Theater Bozen war ein wichtiger Aspekt des 50-jährigen DSTT-Jubiläums, jetzt scheint es nach allen Angaben das Jubiläum ohne die Partner aus Südtirol veranstalten zu müssen. Gerüchte zufolge hätte die Intendanz des Hauses schon von Anfang an die beiden Gäste nicht arbeiten lassen, was allerdings von Alexandra Gandi bestritten wird: "Wir haben stets versucht, Herrn Auer und Frau Langes die besten Arbeits- und Unterkunftsbedingungen zu bieten, sie haben sich aber an nichts anpassen können. Dass der Saal nicht fertig ist und dass noch an ihm gearbeitet wird, dafür können wir nichts. Der Probenplan wurde auch so aufgestellt, dass die Inszenierung rechtzeitig fertig geworden wäre, daran wollten aber unsere Gäste nicht glauben", so DSTT-Intendantin Gandi der ADZ gegenüber. Die Intendanz scheint bereits eine Lösung für diese Situation gefunden zu haben. "Das Deutsche Staatstheater kann sich nicht leisten, eine solche Produktion ins Wasser fallen zu lassen, wir sind eine solche unserem Publikum schuldig". "Maria Stuart" wird dementsprechend und wie vorangekündigt am 4. Mai im Studentenhaus aufgeführt, die DSTT-Schauspielerin Ioana Iacob übernimmt die Hauptrolle, Regie führt Intendantin Alexandra Gandi. Die Donauschwäbische Kulturstiftung des Landes Baden-Württemberg, die die Jubiläumsfeierlichkeiten unterstützt, hat sich, laut Gandi, für die Neubesetzung des Stückes und die Fortführung der Proben ausgesprochen. Ein Versuch der ADZ, Reinhard Auer und Gabrielle Langes zu kontaktieren, erfreute sich bei Redaktionsschluss noch keiner Rückmeldung.

 


Sehr geehrter Hr. Nauy,

sie zitieren auf ihrer banat info seite einen artikel aus der adz vom 11.4.02 wir haben der redaktion der adz unsere pressemitteilung übermittelt, die wir ihnen auch nicht vorenthalten möchten.  mit freundlichen grüßen gabriele langes


 

 

I-39100 Bozen, Obstplatz 44             Tel: 0039-0471-911661                     E-Mail: ftb@dnet.it

Büro: Drususallee 72 A                     Fax: 0039-0471-508832                  www.ftb.suedtirol.net

 

 

 

PRESSEMITTEILUNG

 

 

Das Freie Theater Bozen hat am 7.4. seine im Januar 2003 gegebene Zusage auf eine Zusammenarbeit mit dem Deutschen Staatstheater Temesvar hinsichtlich der Jubiläumsproduktion „Maria Stuart“ (Premiere: 4.Mai 2003) mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgezogen.  Dies betrifft die Übernahme der Regie durch Herrn Reinhard Auer und der Titelrolle durch Frau Gabriele Langes.

 

Notwendig wurde dieser Schritt durch die, unserer Meinung nach insgesamt unzureichende Planung und Vorbereitung der Produktion durch die Intendanz im Hinblick auf die Schaffung der Voraussetzungen für eine solche Kooperation. Dies stellte sich erst nach und nach während der Produktions- und Probenzeit heraus. Insbesondere betrifft dies die getätigten Zusagen über den Einsatz personeller und räumlicher Ressourcen, welche teils nicht eingehalten, teils immer wieder verändert wurden, so dass keine Gewähr für eine sinnvolle weitere Vorgangsweise bestand.

 

Da es während unserer dreiwöchigen Arbeit am DSTT zu mehreren Vor- und Zwischenfällen kam, haben wir der Intendanz am Donnerstag, 3.4., ultimativ eine Frist für Montag, 7.4. gesetzt, die anstehenden Probleme, die längst überfällig waren, zu lösen. Diese betrafen: Gewährleistung eines geeigneten Orts für Bühnen- und Schlussproben,

Gewährleistung der Präsenz der Schauspieler und des technischen Personals auch über die (doppelten) Osterfeiertage für Proben und technische Einrichtung samt Umbauten, Lösung der immer noch offenen Frage des Kostümbilds. Die Zusagen dazu hatten wir bereits am 21.3. erhalten und waren bis dato nicht eingelöst.

 

Den unmittelbaren Anlass der Beendigung der Zusammenarbeit bildeten dann folgende Umstände, welche am Montag, 7.4., zu Tage traten:

 

1)  Fr. Ossau stellte in einer von uns eingeforderten Besprechungssitzung mit dem Personalvertreter des DSTT und anderen Zeugen fest, dass der vorgesehene Premierenort „Großer Opernsaal“ nicht haltbar ist, weil die von ihr getroffene Disposition vom Personal nicht geleistet werden kann – und deshalb die Premiere nicht in der Oper stattfinden kann (nach drei Probenwochen!).

 

2)  Sie schlug stattdessen den Saal „Lira“ vor, wobei sich dieser wegen seiner räumlichen und technischen Unzulänglichkeit als nicht brauchbar erwies. Daraufhin kam der Vorschlag „Studentenhaus“, welcher ihr aber lediglich mündlich zugesagt sei. Für die Bühnen- und Schlussproben stünden 3 Säle („Theatersaal“ im Haus, Lira- Saal und Saal im Studentenhaus) zur Verfügung und wurden uns mit Rahmenzeiten versehen als nutzbar zugesagt. Als Kostümbildner würde Herr Arch. Zamfirescu, der schon Bühnenbild und Requisite betreute, endlich namhaft gemacht. Fr.Ossau beteuerte, dass alle eben an diesem Tag gefundenen Lösungen nun halten würden und sicherte –wieder einmal- einen reibungslosen Ablauf bis zur Premiere zu.

 

Beim Erstellen des Probenplans stellte sich aber heraus, dass die eben gegebenen  Zusagen von Fr. Ossau bezüglich der Probemöglichkeiten wieder eine Fehlinformation war, da der „Theatersaal“ wegen Bauarbeiten (mit ihrem Wissen!) die nächste Zeit gar nicht zur Verfügung steht und dass weitere Vorstellungen anberaumt waren, von denen wir nicht in Kenntnis gesetzt waren, und die das Fehlen von Schauspielern bei Proben zur Folge gehabt hätten.

 

Damit war die „Fehlplanung“ der Intendanz wieder einmal bestätigt. Fr. Ossau gibt Zusagen, die sie nicht halten kann, rückt mit Informationen gar nicht oder erst zum spätest möglichen Zeitpunkt heraus, auf ihr Wort ist kein Verlass, sie ist nicht paktfähig. Da es somit keine Sicherheit für zukünftiges und perspektivisch sinnvolles Handeln gab, haben wir uns entschlossen, die Zusammenarbeit zu beenden und Fr. Ossau um 21.30 Uhr davon informiert.

 

Es besteht unseres Erachtens keine Veranlassung, dass sich Fr. Ossau zum Opfer – sei es zu einem der Kulturpolitik, sei es zu einem der fehlenden (räumlichen) Möglichkeiten bzw. Umbau-Massnahmen oder sei es gar von uns (wir hätten sie im Stich gelassen...)- macht. Unsere Abreise ist die Frucht hausgemachter Schlamperei.

 

Temesvar, 8.4. und Bozen 10.4.

 

   Gabriele Langes                           Reinhard Auer

Theaterleiterin                              Regisseur

     


Artikel aus:  "BANATER  ZEITUNG"   vom 30. April  2003

 

Das Deutsche Staatstheater hat Kulturhaus-Niveau erreicht

Gespräch mit der Schauspielerin Ida Jarcsek-Gaza, Leiterin der deutschen Abteilung für Theaterkunst an der Musikfakultät

 

Seit 33 Jahren ist sie am Deutschen Staatstheater tätig und somit die dienstälteste Schauspielerin dieser Bühne. Ida Jarcsek-Gaza ist in zahlreichen Rollen nicht nur dem Temeswarer Publikum bekannt geworden. In ihrer Rolle als Nachwuchsförderin für die deutschen Bühnen Rumäniens scheint sie sich seit 1992 auch sehr gut zu schlagen. In der Woche, in der Temeswar im Zeichen des deutschen Theaters steht, sprach ADZ/BZ-Redakteur Dan Caramidariu mit Ida Jarcsek-Gaza über das nunmehr zehnjährige Bestehen der deutschsprachigen Schauspielklassen in Temeswar, über Perspektiven und Chancen dieser Abteilung, wie auch über die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Staatstheater und den Zukunftsaussichten dieser kulturellen Einrichtung.

 

1992 wurden die deutschen Schauspielklassen an der Musikfakultät ins Leben gerufen. Was bedeutet diese Abteilung fast elf Jahre danach?

Die deutsche Theaterabteilung an der Musikhochschule bedeutet zehn Jahre nach ihrer Gründung auch weiterhin die Quelle für schauspielerischen Nachwuchs für die deutschen Bühnen in Temeswar und Hermannstadt. Der Großteil unserer Absolventen, um die achtzig Prozent, ist in Temeswar geblieben, viel zu wenige sind nach meinem Geschmack nach Hermannstadt gegangen. Ich glaube, dem Hermannstädter Theater sollte man mit mehr Nachwuchs helfen.

 

Was für Entwicklungen haben sich in den zehn Jahren bemerkbar gemacht?

Von 1992 bis 2002 ist ein sehr interessantes Phänomen aufgetaucht, und zwar das Verlieren der deutschen Sprache. Man wird ja in eine Sprache hineingeboren, im Banat, oder es ist die Zweitsprache, wenn man aus einer gemischten Ehe stammt. Und dann geht man mit der Sprache anders um, als wenn man sie nur in der Schule erlernt. Unsere Kandidaten beherrschen sehr oft die deutsche Sprache nur als Fremdsprache. Mit den Studenten, die die Lenauschule und andere deutsche Lyzeen im Land absolviert haben, gibt es dieses Problem nicht, aber was machen wir mit einem, der überhaupt kein Deutsch spricht? Vor etlichen Jahren haben wir ein Experiment gewagt, mit einer Studentin, die überhaupt kein Deutsch konnte. Weil sie aber so begabt war, haben wir sie angenommen und in einem Jahr war sie der Sprache mächtig. Sie spricht inzwischen ein hervorragendes Bühnendeutsch, sie fühlt und kennt die Sprache. Und anhand dieses Versuches, der so großartig gelungen ist, haben wir uns getraut, einen zweiten und dritten Fall zu akzeptieren, und sind leider auf die Nase gefallen. Es war absolut kein Erfolg mehr zu verzeichnen. Mit dem Risiko, dass wir ohne Kandidaten bleiben, werden wir wieder auf die guten Kenntnisse der deutschen Sprache zurückkommen, denn ansonsten hat diese Schule ja keinen Sinn.

 

Wer hat sich am Anfang für diese Abteilung interessiert?

Die ersten Jahrgänge waren aus den heutigen ganz jungen DSTT-Schauspielern gebildet, es waren viele jungen Kräfte, die vom Theater nicht bezahlt werden konnten, weil sie keine Diplomschauspieler waren. Und für sie hat man auch dann die Abteilung gegründet. Damals waren diese Leute sehr motiviert und sehr begeistert, aber heute fehlt es an Motivation. Ich weiß nicht genau warum, vielleicht liegt es an den Generationen als solche, oder vielleicht am Endprodukt, am Deutschen Staatstheater, ich weiß es nicht. Seit Jahren läuft ja in Rumänien das Lyzealtheaterfestival in deutscher Sprache. Für uns ist das eine Goldgrube, denn dadurch wird ein potentielles Publikum erzogen, und es werden Theaterliebhaber und Nachwuchsschauspieler herangezogen. Viele von unseren Kandidaten waren ursprünglich Mitglieder deutscher Schülertheatergruppen in Rumänien. Ich mache auch ganz viel Werbung bei diesen Festivals für unsere Abteilung, denn die Schüler müssen verstehen, was der Schauspielerberuf bedeutet, und was es für Vorteile und Nachteile gibt.

 

Kommt Ihre schauspielerische Tätigkeit wegen der Arbeit an der Hochschule nicht zu kurz?

1996 habe ich mich entschlossen hauptamtlich zur Uni überzugehen, weil ich gewusst habe, dass ich alle Projekte der Abteilung als Honorardozent nicht leiten konnte. Ich habe mich aber nie als Gast am DSTT gefühlt, muss aber auch sagen, dass ich in den letzten zwei Spielzeiten überhaupt nicht besetzt wurde. Ich habe Studenten, die mich eigentlich nie spielen gesehen haben. Es ist nicht normal, denn sie können viel mehr von mir lernen, wenn sie mich auf der Bühne sehen. Die Studenten begreifen vieles anders, wenn du mit ihnen auf der Bühne stehst.

 

Wie arbeiten Sie mit dem DSTT zusammen?

Wir haben seit unserer Gründung immer unter dem Dach des DSTT und zusammen mit dem Theater gearbeitet, wir sind uns nie in die Quere gekommen, aber ich kann das für die letzten zwei Jahre nicht mehr behaupten. Das liegt bestimmt nicht nur mit der Baustelle zusammen. Ich muss also sagen, dass es die Schule in den letzten zwei Jahren nicht leicht gehabt hat. Das DSTT hat es als selbstverständlich empfunden, sein Repertoire auf alle Studenten auszuweiten, was nicht normal ist. Ich kann nicht "Frühlings Erwachen" mit allen Studenten besetzen. Dass sie Platz auf der Bühne haben, ist wunderbar, aber was zu früh ist, ist nun mal zu früh. Wir haben das vorher immer abgesprochen, aber es stellt sich ja die Frage, was ein Student im ersten Jahr auch davon hat, wenn er ohne die Kraft zu haben, schon auf der Bühne steht.

 

Was für Perspektiven hat Ihrer Meinung nach das DSTT?

Aussichten hat nur etwas, was Qualität hat. Qualität bringt dir immer wieder neues Publikum. Mein größtes Problem ist, dass es jetzt am Theater einen Qualitätsverlust gibt. In der Baustelle der letzten fünf Monate hat das DSTT drei Megaproduktionen herausgebracht, und die zukünftige Premiere, "Maria Stuart", leidet schon bei den Proben unter diesen Umständen. Was für eine Verantwortung kann ein Intendant haben, der von einem Spielleiter verlangt, eine Produktion in drei Wochen herauszubringen? Nicht einmal das Wiener Burgtheater leistet sich, zwei so gute Titel wie "Geschichten aus dem Wiener Wald" und "Frühlings Erwachen" totzuschlagen, indem sie nacheinander herausgebracht werden. Kein Publikum verträgt zwei solche Inszenierungen, wenn beide mangelhaft sind. Diese Beurteilung mache ich nach 33 Jahren auf der Bühne, aber es besorgt mich, dass junge Leute dieselbe Auffassung haben. Quantität ersetzt keine Qualität und bringt auch nicht unbedingt notgedrungen den qualitativen Sprung. Um auf die vorige Frage zurückzukommen, muss ich wiederholt betonen, dass es zwischen DSTT und Hochschule keine Absprache mehr gibt, obwohl man zwischen Profis einige Sachen ja als selbstverständlich empfinden sollte. Wenn die Festwoche vorbei ist, werde ich an die Öffentlichkeit gehen müssen, denn jemand muss die Sachen beim Namen nennen. Es sind Berufsprobleme, die nicht mehr unter dem Teppich gekehrt werden können. Allerdings, müssen wir ja bedenken, was das Publikum sagt. Unser Publikum ist sehr großzügig und würde uns vieles verzeihen, wenn die Stücke aber gut sind und als Fertigprodukt auf die Bühne kommen.

 

Frau Gaza, eine letzte Frage: Wie sehen Sie die lang erwartete Jubiläumswoche?

Wenn wir bedenken, wo das Jubiläum zum größten Teil ausgetragen wird, kann ich nur sagen, dass das Deutsche Staatstheater, qualitativ gesehen, zu einem Kulturhaus-Theater geworden ist. Ich finde es nicht normal, dass man keine dieser Feierlichkeit angemessene Spielstätte gefunden hat und in der letzten Sekunde in ein Kulturhaus flüchtet und man dort die Jubiläumsfeierlichkeit begeht.

 

Wir danken für das Gespräch.


Artikel aus:  "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN" -ONLINE  ( 06. Mai  2003 )

 

Mit Freunden aus dem In- und Ausland

Das Deutsche Staatstheater Temeswar wurde 50

 

Von Stefana Ciortea-Neamtiu

Temeswar - Das Deutsche Staatstheater Temeswar begeht dieser Tage seinen 50. Geburtstag und feiert damit die kontinuierliche Existenz dieser einzigen deutschsprachigen Bühne Südosteuropas, die allen Generationen von Mitarbeitern zu verdanken ist. Die Festlichkeiten debütierten am Samstag mit dem Auftritt der Württembergischen Landesbühne Esslingen in der Rumänischen Oper Temeswar. Der ganze Tag wurde von dem Land Baden-Württemberg geprägt. Am Vormittag fand die Eröffnung der Ausstellung des Hauses der Heimat "Dan hier ist besser zu leben als in dem schwaben land. Vom deutschen Südwesten in das Banat und nach Siebenbürgen" im Banater Museum statt. Den Abend in der Rumänischen Oper Temeswar eröffnete Staatssekretär Heribert Rech, der baden-württembergische Landesbeauftragte für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler. Die Landesbühne Esslingen präsentierte sich mit Woody Allens Komödie "Spiel's noch mal, Sam" in der Regie von Frank Hellmund, vielleicht kein krönender Auftakt der Feierlichkeit, aber auf jeden Fall ein schönes und unterhaltsames Geschenk, welches die Schauspieler aus Herzen gemacht haben. In der Hauptrolle war Hartmut Scheyhing zu sehen. Anschließend wurde das Publikum auf den Treppen der Oper mit einem gelungenen Happening von den im "studio gesprochenes Wort" zusammengeschlossenen Studenten der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Stuttgart überrascht. Am Sonntag wurden die Feierlichkeiten mit der Vernissage der Ausstellung "Gong" im Foyer des DSTT fortgesetzt. Die Ausstellung, für deren Entstehen Dr. Walther Konschitzky, der ehrenamtliche Kulturreferent der Landsmannschaft der Banater Schwaben zeichnete, zeigt Reproduktionen von Bühnenfotos, Programmheften, Zeitungsausschnitten und Plakaten, die 50 Jahre DSTT markieren. Nach einer verspäteten und für die Zuschauer durch die Anzahl und Länge der Reden erdrückenden Eröffnung, begann die Aufführung von Friedrich Schillers "Maria Stuart" im Temeswarer Studentenhaus. Die Regisseurin Alexandra Gandi "riskierte" es, junge Schauspieler auf die Bühne in einigen der begehrtesten Rollen der deutschen Dramatik zu bringen und setzte damit auf das DSTT-Ensemble, was ein Theater bei seinem Jubiläum ja auch machen sollte: Die Aufführung lebt von dem Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen Isolde Cobet, die eine manchmal zaudernde, verliebte, enttäuschte, aber eigentlich rachsüchtige, machtlüsterne, starke Elisabeth von England verkörpert, und Ioana Iacob in der Rolle der äußerlich zierlichen, innerlich aber starken Maria Stuart, die die Größe einer Königin auch beim Hinknien vor Elisabeth bewahrt. Das suggestive Bühnenbild, das von Geta Medinschi entworfen wurde, teilt die Bühne in zwei Etagen, die (Be)reiche der zwei Königinnen: Oben steht Elisabeths Thronsaal, unten Marias Gefängnis. Darüber die Krone, nach der die zwei Halbschwestern im Schattenspiel langen. Der Purpur und das Gold des Thronsaals, in dem die Intrigen gesponnen werden kontrastieren mit den Gitterstäben, zwischen und hinter denen sich Maria wie Rilkes Panther in einem Käfig, oder einem Labyrinth bewegt. Aber in diesen Gitterstäben verfängt sich zuletzt auch Elisabeth, eine Gefangene der gesponnen Intrigen, der begangenen Mordtat, der vergötterten Macht. Ein Ehrengast des Abends war der Schaupieler und Dramatiker Hans Kehrer, einer der Gründungsmitglieder des DSTT, der selber in der ersten Aufführung von Schillers "Maria Stuart" am DSTT im Jahr 1965 mitgewirkt hat: "Es hat mir sehr gut gefallen, ich hatte es gar nicht erwartet. Ich gratuliere den jungen Kollegen," erklärte er nach der Premiere für die ADZ. Ion Caramitru, der als UNITER-Vorsitzender eingeladen wurde, erklärte, dass "das Stück auf einer professionellen Theaterbühne gespielt werden sollte; hier gab es Probleme mit der Technik. Ich würde es gern wiedersehen, auf der Bühne des DSTT." Diese Worte entsprechen völlig dem Wunsch des Temeswarer Publikums, das Ensemble des DSTT in renoviertem Haus spielen zu sehen.


Artikel aus:  "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN"     ( 06. Mai  2003 )

 

Das Leben schlug das Theater

Von Werner Kremm

 “Absurdes Theater”, “eine Zumutung”, “skurril”, “das hätten wir uns ersparen können”, “da haben wir uns wohl für blöd verkaufen lassen”, “mir hat’s gereicht” – so war Sonntag abend aus allen Richtungen zu hören, als eine (total daneben) improvisierte “Eröffnung der Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich des 50. Bestehensjahres des Deutschen Staatstheaters Temeswar“ im Studentenkulturhaus stattfand. Für die Regie des Ganzen zeichnete die Profi-Regisseurin Alexandra Gandi-Ossau, ihres Zeichens Intendantin des DSTT.

In absoluter Ignorierung der Stimmung des Saals – nach den zweistündigen Peinlichkeiten, während derer die jungen und letztendlich ihre Sache gut machenden Schauspieler auf die Öffnung des Vorhangs zu Schillers “maria Stuart” warten mussten, verschwanden immer mehr Leute im kleinen Foyer und auf der Straße – ging zuletzt unter, dass das auch etwas mit der Eröffnung des III. Treffens deutscher Theater außerhalb des deutschen Sprachraumes zu tun haben sollte.

Alles begann wie voraussehbar: Die Prinzipalin betrat in Begleitung von Staatssekretär Heribert Rech vom Baden-Württembergischen Innenministerium (der etwa zehn Minuten vorher erfahren hatte, dass er “etwas sagen” soll) und Ioan Opriş vom Bukarester Ministerium für Kultur und Kulte die Bühne, flüsterte augenaufschlagend und leise einige einleitende Worte ins Mikrofon, gab den beiden Begleitern dann das Wort. Rech sprach von der Bedeutung des Erhalts der kulturellen Vielfalt in einem künftigen Europa, Opriş überspannte den Bogen leicht, indem er behauptete, da sein Ministerium für Kulte zuständig sei, wäre auch Gott mit dabei. Er hatte am Vortag erfahren, dass er sprechen soll.

Danach begann es richtig kraus zu werden. Der Schriftsteller und Direktor des Temescher Inspektorats für Kultur, Kulte und Nationales Kulturgut, Ion Marin Almăjan, gab seiner Bewunderung für das umfangreiche Kulturwissen des baden-württembergischen Staatssekretärs vom Innenministerium Ausdruck, indem er sich öffentlich fragte, wie gebildet denn dann die deutschen Staatssekretäre in der (inexistenten) deutschen Kulturverwaltung wären. Karl Singer sprach im Namen der Zuschauer des DSTT und begann mit der Inauguralvorstellung 1953, die er als Schüler gesehen hatte. Ion Caramitru in seiner Eigenschaft als UNITER-Präses bedauerte die Abwanderung der Deutschen aus Rumänien. Alle, die ans Mikrofon zitiert worden waren, stellten sich anschließend vor dem Vorhang in einer Reihe auf. Wie bestrafte Schüler in vergessener Pädagogik.

Ildiko Jarcsek-Zamfirescu sprang als erste aus der Reihe. Nachdem sie mit theatralischer Gestik eine hochemotionale Rede vorgetragen und lang anhaltenden Vorschuss- und Endapplaus erntete, ging sie zurück in den Saal. Als Peter Kottler mit seiner akribisch recherchierten und weitschweifig vorgetragenen Theatergeschichte begann, fragte man sich im Saal immer lauter, wo denn die Fernbedienungen geblieben sind, bei diesem schlechten Fernsehprogramm. Als erster riss Heribert Rech die Geduld und er ermunterte tonangebend die im Saal Ausharrenden zum SCHLUSS aufforderndem Beifall. Was allerdings Kottler kaum beirrte, so dass Caramitru den geplagten Dolmetscher Lucian Vărşăndan hörbar zum Übersetzungsboykott aufforderte. Noch weniger liess sich die Intendantin und Regisseurin dieses unfreiwilligen absurden Theaters aus dem Konzept (???) bringen und lud auch noch den Temescher Kreisratspräses Dan Ioan Şipoş auf die Bühne, der, in den murrenden Saal rufend, alle beruhigte, er werde keine (selbstvergessene) Rede schwingen sondern bloss Ehrendiplome verteilen. Im Saal sah es währenddessen aus wie auf der bekannten Karikatur vom Frankfurter Kongress.

Derart eingestimmt auf Schiller, genossen die Zuschauer das Stück und wurden abschliessend mit einem (zur Situation passenden) schalen Büffet abgespeist.

 


 Artikel aus:  "ALLGEMEINE DEUTSCHE ZEITUNG FÜR RUMÄNIEN"       ( 10.  Mai  2003 )

 

Feierlicher Abschluss des DSTT-Jubiläums

"SIBIRIEN" - AUFFÜHRUNG KRÖNTE DEN ABEND

 

Von Stefana Ciortea-Neamtiu

Temeswar - Mit einem erfolgreichen Galaabend zu Ehren der ~ Schauspielerin Ildiko Jarcsek-Zamfirescu sind die Feierlichkeiten zum 50.Jubiläum des Deutschen Staatstheaters Temeswar ausgeklungen. Eigentlich hätte am selben Tag mit einer Josefstädter-Franzi-Aufführung auch Alexander Ternovits geehrt werden sollen, der ebenfalls zu den Schauspielern gehört, die das DSTT im Laufe der Jahre entscheidend geprägt haben. Die Aufführung ist jedoch wegen eines Krankheitsfalles ausgefallen.

Am Vormittag war mit einer letzten Gesprächsrunde auch das Treffen der deutschsprachigen Bühnen außerhalb des deutschen Sprachraumes zu Ende gegangen. Nach drei Tagen heftiger Diskussionen, wo es um die Dramaturgie der Gegenwart sowie um Programmangebote ging, wandten sich die Teilnehmer an der Gesprächsrunde dem heiklen Thema “Sinn und Zukunft deutschsprachiger Bühnen außerhalb des deutschsprachigen Raumes: Aufgaben, funktionale Modelle. Finanzierungsmodelle“ zu. Die schwierige Rolle des Moderators hat Dr. Manfred Wegener aus München übernommen.

Das Finanzierungsmodell der Bühnen in Rumänien wirkte vor allem für die Teilnehmer aus dem Ausland befremdend, die auf die alternativen Quellen, so Sponsoring oder das amerikanische Modell des National Endowments hingewiesen haben. Die Finanzierung über Sponsoring liegt bei den deutschen Bühnen in Rumänien noch in Kinderschuhen, aber auch für die rumänischen Bühnen ist dies erst seit kurzem und auch nur in manchen Fällen und in noch geringem Maße eine komplementäre, keinesfalls eine alternative Finanzierungsquelle.

Hervorgehoben wurde auch die Notwendigkeit der Bemühungen der Theater, ein junges Publikum anzusprechen, gezielt in die Schulen zu gehen oder auch Studenten anzusprechen. Das macht natürlich Sinn, sollte allerdings anders angepackt werden als vor Jahren, als ein ohnehin abgestumpfter Lehrer, der vielleicht auch nicht zu den Theatergängern gehörte, ohne große Worte und ohne Widerreden zu erwarten, Karten an die Schüler verkaufte. Nur wenige dieser Schüler sind dann mit Freude ins Theater gegangen. Eine Möglichkeit, solche unglückliche Zeiten nicht wieder zu beleben, sondern die wahre Theaterliebe in den jungen Leuten zu entfachen, ist die Herausbildung von Theaterpädagogen. Eine Rolle kommt dabei der Donauschwäbischen Kulturstiftung zu, deren Geschäftsführer Eugen Christ erklärt hat, dass schon drei Temeswarer einen Kurs zur Theaterpädagogik in Deutschland gemacht haben.

Am Nachmittag fand die Vorstellung “Die Bremer Stadtmusikanten“ des Puppentheaters GONG aus Hermannstadt statt.

Der Abend stand dann im Zeichen der Aufführung von Felix Mitterers “Sibirien“, einer One-Woman-Show und Glanzleistung der Schauspielerin Ildiko Jarcsek-Zamfirescu, die den Zuschauer in die innere Erlebniswelt einer greisen Heiminsassin transportiert und ihn in die Abgründe des in einer Institution verbrachten Lebensabends sehen lässt: Die klirrende Kälte der Region Sibirien, in die die Frau deportiert worden war, ist nichts im Vergleich zur Gefühlskälte der Familie oder der Oberschwestern, der die Greisin mit Selbstbeherrschung, Klugheit und Bestechung trotzt. Allen zum Trotz Bohnenkaffee trinkend, Querbettsitzend, Geh- und Singübungen machend - die starke Persönlichkeit verlangt das Recht auf ein würdevolles Leben und einen würdevollen Tod. Die in Zeno Staneks Regie entstandene Aufführung hatte schon 2001 Premiere gefeiert.

Abgeschlossen wurde der Abend und das Jubiläum mit einem Wort der Intendantin Alexandra Gandi-Ossau, die dem DSTT noch viele Jahre wünschte, und einem musikalisch untermalten Abend im Foyer, wo Gäste und Ensemble zusammenkamen.


Artikel aus:  "BANATER  ZEITUNG"   vom 14. Mai  2003

 

DSTT wurde 50

Qualitätsfrage immer aktuell

 

Von Stefana Ciortea-Neamtiu

Fünfzig Jahre alt ist das Deutsche Staatstheater Temeswar geworden. Ein Jubiläum mit vollem Programm, mit Seminaren und Aufführungen, mit jungen und mit alten Schauspielern, mit Gästen aus dem In- und Ausland ist vergangener Tage zu Ende gegangen. Nach einer solchen Veranstaltungsreihe fragt man sich, was denn nun bleibt, außer den Erinnerungen der Anwesenden, den Programmheften, Zeitungsausschnitten und Tagungsbänden?

Vielleicht und hoffentlich bleibt das, was alle Anwesenden als Ziel angesprochen haben: Die Unterstützung zum Fortbestehen dieser Bühne und zur Bewahrung bzw. Anhebung ihrer Qualität.

Was man dem Theater nur wünschen kann: Publikum, Applaus, und viele gute Aufführungen. Das bedeutet auch eine Konvergenz der Wünsche des Publikums mit denen der Theaterleute. Die Zufriedenheit des Publikums und die der Theatermacher - Schauspieler, Regisseure, Bühnenbildner usw. - gehen Hand in Hand. Denn Theater lebt vom Publikum, lebt mehr vom heutigen Publikum als alle anderen Künste. Da kann man sich um den Geschmack so sehr streiten wie man will. Natürlich kann und sollte ein Theater den Geschmack seines Publikums auch verfeinern, .das gehört zu den Aufgaben des Theaters.

Das Theater darf und soll das Publikum manchmal ‘auspeitschen“ und zur Katharsis führen, soll aber auch wenigstens ab und zu sanft mit dem Publikum umgehen und die Gemüter der Zuschauer durch Unterhaltung bewegen. Ein Rezept gibt es nicht, denn gutes Theater hängt von vielen Faktoren ab. Gerade deshalb ist Theater auch Experiment. Die Abstimmung der Ingredienzien sollte der Experimentierfreude der Theatermacher und des Publikums unterstehen.

Es waren sicherlich 50 schöne, aber auch schwierige Jahre. Auch die Zukunft wird nicht immer nur schöne Stunden bringen. Solange aber das Ensemble des DSTT an das Theater glaubt, solange wird es auch das Publikum davon überzeugen können, dass das Deutsche Staatstheater Temeswar eine der bedeutenden Bühnen Temeswars und auch des Landes ist.


 

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